Alles ist möglich – bei Machine Vision ist das tatsächlich (fast immer) der Fall

Innovative Applikationen für die industrielle Bildverarbeitung entstehen nur in großen Organisationen? Weit gefehlt! Die Tüftler von MSTVision zeigen täglich, wie state-of-the-art Technologien für Unternehmen gewinnbringend eingesetzt werden können – und das mit einer überschaubaren Anzahl an Mitarbeiter, dafür mit viel Herzblut und Kreativität.

Michael Stelzl Geschäftsführer MSTVision

Klein aber fein. Dieser, zugegeben nicht mehr ganz so hippe Spruch, trifft es dennoch ziemlich gut, was MSTVision seit der Gründung im Jahr 2016 auszeichnet. Unser Anspruch als kleines Unternehmen ist es, für Kunden, ob groß oder klein, ob national oder international, mit leistungsfähigen Werkzeugen und Ideenreichtum effiziente Lösungen für die unterschiedlichsten Anwendungen zu erarbeiten. Die industrielle Bildverarbeitung hält dazu eine Menge unterschiedlicher Tools, Hardware und Software bereit. Die Herausforderung für uns als kleines Unternehmen besteht darin, das jeweils passende Werkzeug zu finden und so einzusetzen, dass für die Kunden am Ende die bestmögliche Lösung steht. Kreativität und Herzblut wird daher bei uns großgeschrieben. Abseits ausgetretener Pfade und immer mit der neuesten Technologie zu arbeiten, das ist unsere Stärke. Stichworte sind CPU-Lösungen und programmierbare Chips (FPGA), mit denen wir bis zum Grenzbereich arbeiten. Im Rahmen der meisten Projekte führen wir Machbarkeitsstudien für unsere Kunden durch und sind anschließend in der Lage, auch komplexe optische Aufbauten als integrierte Lösungen optomechanisch umzusetzen. Ein wichtiger Bestandteil unserer Dienstleistung ist der Know-how-Transfer zu unseren Kunden.

So führen wir regelmäßig Schulungen zu den Themen MVTec HALCON, Zeilenkameras, Optikauslegung, VDI-Richtlinie 2632 etc. durch. Welche Projekte wir denn so umsetzen, das veranschaulichen die folgenden Beispiele.

„Smarte Bildverarbeitung unterstützt die Entwicklung von fortschrittlichen Gentherapien.“

DiNAQOR ist ein Life Science Unternehmen, das fortschrittliche Gentherapien entwickelt und in vivo Geneditierungslösungen ermöglicht. Ein Anwendungsbeispiel ist die Entwicklung individueller Gentherapien, um Patienten mit vererbten Erkrankungen (z.B. Kardiomyopathien) eine Chance auf Heilung zu ermöglichen.

Zur Überprüfung der Wirkung solcher Gentherapien setzt DiNAQOR auf seine (patientenspezifischen) künstlichen Herzgewebe. MSTVision unterstützte DiNAQOR bei der Entwicklung einer neuen Technologieplattform zur Evaluierung der Kontraktion von dreidimensionalem künstlichem Herzgewebe (Engineered Heart Tissues, EHT), das aus humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPSC) gebildet wird. Dank des verbesserten Ansatzes von MSTVision ist es nun möglich, 24 EHTs gleichzeitig und vollautomatisch zu erfassen, ohne dabei Abstriche bei der Genauigkeit machen zu müssen. Durch den neuen Ansatz konnte auf den bisher notwendigen Benutzereingriff während der Messung sowie die Bewegung der Kamera durch ein Achssystem verzichtet werden. Nach der Evaluierung des optischen Aufbaus durch das Projektteam und dem gemeinsamen Aufbau der Anlage, wurden die von MSTVision entwickelten HALCONSkripte in ein vollständig Cloud-basiertes Datenmanagementsystem integriert.

MultiChannel-Aufnahme einer metallischen Oberfläche inkl. errechnetem Photometric-Stereo Bild

Die E-Mobilität voranbringen – auch dank Machine Vision

Viele Branchen und Unternehmen arbeiten daran, die E-Mobilität voranzubringen, denn es gibt verschiedene Stellschrauben, an denen gedreht werden muss. Eine davon ist die Produktion von Batterien für die E-Fahrzeuge. Insbesondere die Beschichtungsprozesse innerhalb der Elektrodenfertigung müssen genau überwacht werden, da diese Schritte entscheidend für die Zuverlässigkeit der späteren Batterien sind. Die dafür notwendigen sehr hohen Auflösungen führen dazu, dass wieder vermehrt Zeilenkameras zum Einsatz kommen.

Gerade hier kann MSTVision mit langjähriger Erfahrung unterstützen. Unsere etablierte MultiChannel-Technologie ermöglicht es, mit einer oder mehreren Zeilenkameras in einer einzigen Relativbewegung unterschiedliche Oberflächeneigenschaften zu erfassen, z.B. durch die Kombination von Hell- und Dunkelfeld, unterschiedlichen Wellenlängen oder Beleuchtungswinkeln. Die gewonnenen Bilder werden ohne zusätzliche CPU-Belastung im FPGA aufbereitet und können mit HALCON komfortabel und effizient weiterverarbeitet werden. Informationen aus verschiedenen Bildkanälen können ohne Kalibrierung miteinander verrechnet werden. Mit dieser Technik konnte das photometrische Stereoverfahren, auch Shape from Shading genannt, mit schnellen Zeilenkameras realisiert werden. Dieses Verfahren erlaubt die getrennte Auswertung der Helligkeit (Albedo) und der Topographie (Neigung oder Krümmung) jedes Bildpunktes. Die kontinuierliche Oberflächeninspektion ist technisch sehr komplex. Daher wurde der zugrundeliegende Algorithmus im FPGA des Framegrabbers, das ist eine elektronische Schaltung zum Digitalisieren analoger Bildsignale, implementiert. Da sich das Verfahren sowohl für sehr helle als auch sehr dunkle Oberflächen eignet, wird es häufig bei der Inspektion von Lithium-Ionen-Batteriefolien, Bipolarplatten für Brennstoffzellen und Leiterplatten für die Leistungselektronik eingesetzt.

Applikationsspezifischer Aufbau zur Inspektion von Hochleistungselektronik

„Wie Hochgeschwindigkeits-Bildverarbeitung hilft, Plastikmüll zu vermeiden.“

Ein weiteres aktuelles Thema, das uns umtreibt, ist die Sortierung von Schüttgütern. Vor einigen Jahren wurden wir von einem Kunden beauftragt, eine veraltete Sortieranlage zu modernisieren, die sogenannte Stippen, das sind dunkle Flecken, in weißen und transparenten Kunststoffgranulaten erkennen soll. Die Schwierigkeit lag darin, die erforderlichen Leistungsdaten hinsichtlich optischer Auflösung, hoher Bandbreite und geringer Latenz zu erreichen. MSTVision entwickelte für diese Anwendung eine eigene Technologieplattform. Diese bestand aus Zeilenkameras, FPGA-Code und eigenen Elektronikboards zur zeitlich hochgenauen Ansteuerung von Schnellschaltventilen. Die Leistungsdaten der Implementierung sind beeindruckend: Die FPGA-basierte Lösung ist in der Lage, 2,4 GByte sowie mehr als eine Million Objekte pro Sekunde zu verarbeiten und gleichzeitig Reaktionszeiten von nur einer Millisekunde zu ermöglichen. Die Verbesserung der Sortier-Genauigkeit bei gleichzeitiger Erhöhung des Durchsatzes trägt erheblich dazu bei, weniger Kunststoff zu verschwenden. Auch die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. Das neue System kann etwa für die Bereiche Recycling oder Lebensmittel eingesetzt werden. Dafür kann die Anwendung leicht um eine multispektrale Bilderfassung (VIS und SWIR) erweitert werden. Sogar photometrisches Stereo im freien Fall ist möglich. In Zukunft können auch vom Kunden entwickelte neuronale Netze (Deep Learning) eingebunden werden.