Bildverarbeitungssystem sortiert Tomatensetzlinge - Universität Wageningen

Landwirtschaft | Nahrungsmittel | 3D-Vision | Kalibrierung
Abb. 1: Der Ansatz des Wageningen University & Research Centre für ein Klassifizierungssystem für Tomatensetzlinge ersetzt 27 Arbeitskräfte und kann bis zu 18.000 Pflanzen/Stunde kontrollieren.

Weltweit werden mehr als 150 Mio. Tonnen Tomaten jährlich erzeugt. Da die Setzlinge 0,25 € kosten müssen Gemüse erzeugende Unternehmen wie das niederländische Westland Plantenkwekerij (WPK) mit Sitz in Rotterdam sicherstellen, dass die Samen, die sie von ihren Zulieferfirmen erhalten, zuverlässig auskeimen.

Herstellende Firmen von Pflanzensamen liefern durch Untersuchungen von Tomatensamenproben prozentuale Kalkulationen der Keimmenge. Ungeachtet dessen, müssen Gemüse erzeugende Unternehmen aber auch sicherstellen, dass die Samen gedeihen. Tun sie das nicht, kann es sein, dass die erzeugenden Firmen für die gelieferten Samenchargen zuviel bezahlen. Für Unternehmen wie WPK mit mehreren Millionen Pflanzen jedes Jahr können solche mangelhafte Lieferungen sehr teuer werden.

An ihrem Auftragsforschungsinstitut, das Teil des niederländischen Wageningen University & Research Centre ist, entwickeln Rick van de Zedde und seine Mitarbeitenden schon seit mehr als 20 Jahren Bildverarbeitungsapplikationen für Landwirtschafts- und Lebensmittelindustrie. Im Rahmen dieses Projekts untersuchten sie anhand einer großen Zahl an erzeugenden Unternehmen, auf welche Weise diese ihre Tomatensetzlinge bewerten. Obwohl die erzeugenden unternehmen zahlreiche Merkmale wie Form und Farbe auswerteten, wurde schnell klar, dass es möglich sein musste, den Sortierprozess der Setzlinge auf Grundlage des Gewichts des Setzlings zuverlässig zu automatisieren.

FBR entwickelte das industrielle Bildverarbeitungssystem (siehe Abb. 1) und das niederländische Unternehmen Flier Systems mit Sitz in Barendrecht übernahm den Bau der Maschine.

Die Maschine, die in der Anlage von WPK in Made/NL aufgestellt wurde, ist in der Lage 18.000 Tomatensetzlinge pro Stunde zu sortieren. Laut Erik van der Arend, Inhaber und Geschäftsführer von WPK, sortiert die aktuelle Version des Systems Setzlinge auf Grundlage der Biomasse der Pflanzen, soll aber dahingehend modifiziert werden, dass die Sortierung der Pflanzen anhand von verschiedensten Merkmalen wie z. B. Pflanzenform, Größe der Blätter und Form- oder Farbfehlern erfolgen soll.

In der Anlage von WPK werden die Setzlinge automatisch in Ablageformen eingesetzt, die jeweils Anordnungen mit 12 × 20 Töpfen enthalten. Nach einer 12-tägigen Keimdauer, werden diese Anordnungen manuell auf ein Förderband gelegt, das die Arrays einem Bestückungsautomaten zuführt. Dieser setzt die Töpfe im Abstand von 10 cm zueinander auf das Förderband des industriellen Bildverarbeitungssystems (siehe Abb. 2).

Wenn der Topf in die Bildverarbeitungsstation einfährt, meldet ein optischer Schalter das Eintreffen der Pflanze. Der Schalter ist mit einer SPS und einer digitalen NI PCI-6518 I/O-Karte von National Instruments (Austin, TX, USA) verbunden, die ihrerseits zehn acA1300-30gm 1296 × 966-Pixel monochrome Gigabit Ethernet-Kameras vom Fabrikat Basler (Ahrensburg, Deutschland) auslöst, die jeweils mit einem 25 mm Fujinon-Objektiv von Fujifilm (Wayne, NJ, USA) ausgerüstet sind. Die Bilder werden über die Gigabit Ethernet-Schnittstelle an einen Host-PC mit drei Intel PRO/1000 PT Quad Port Server Adaptern übertragen.

“Aufgrund der relativ komplexen und heterogenen Beschaffenheit der Setzlinge,“ so van de Zedde, „wurden 10 Kameras benötigt, um das 3D-Modell der Pflanzen korrekt zu rekonstruieren. Mit unserer Software können wir dennoch das 3D-Modell erzeugen und in nur 25 ms je Setzling dessen Biomasse berechnen."

Für die Justierung dieser Kameras wird ein flaches Orientierungsschachbrett verwendet, kombiniert mit einem modifizierten Stereo-Vision-Kalibrierungsalgorithmus, der Teil des HALCON Softwarepakets von MVTec Software (München) ist.

Durch die Beleuchtung der Pflanzen mit einer hochfrequenten Neonflächenlichtquelle, eröffnen die 10 Bilder multiple Ansichten der Setzlinge aus verschiedenen Blickrichtungen. Durch die Subtraktion des Hintergrunds aus diesen Bildern, kann ein Umriss der Pflanze mit verschiedenen Blickwinkeln erzeugt werden.

Dann wird mit dem Space Carving-Verfahren eine dreidimensionale Wiedergabe der Pflanze erzeugt (siehe Abb. 3). Mit dieser Methode kann die Biomasse jeder einzelnen Pflanze und die Daten für die Klassifizierung der Pflanzen berechnet werden.

Das bei WPK zum Einsatz kommende System klassifiziert die Pflanzen größenabhängig in vier Kategorien, d. h. auf Grundlage der Biomasse der Setzlinge. Basierend auf der durchschnittlichen Größe einer Charge, kann der Endanwender die Grenzwerte für die Kategorien festlegen. Daraus ergeben sich dann Kategorien wie Erst-, Zweit- und Drittklassig sowie NOK (zu klein/nicht gekeimt).

Die Ergebnisse der automatisierten Klassifizierung werden vom PC an eine SPS übertragen, die eine Reihe von Aktuatoren aktiviert und jede Pflanze abhängig von ihrer Klassifizierung auf ein entsprechendes Förderband dirigiert.

Momentan installiert Rick van de Zedde von FBR bereits die nächste Maschine bei einer Pflanzenzuch. Dort erhält das Bildverarbeitungssystem ein Upgrade mit der Möglichkeit die Setzlinge nach anderen Pflanzenkriterien u. a. der Farbe zu sortieren. "Durch die hohe Qualität des Sortiervorgangs konnte die Produktivität bereits jetzt erheblich gesteigert werden,” so Erik van der Arend von WPK. „Unsere Investitionen in diese Anlage werden in vier Jahren amortisiert sein.“

Verfasser: Andy Wilson

Wir danken der Firma Vision Systems Design für die Überlassung des Artikels.

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