
Machine Vision optimiert Qualitätsinspektion in der Automobilproduktion
Automobilbau | Anomalieerkennung | InspektionIn der Automobilproduktion ist eine durchgängig hohe Qualität ein absolutes Muss. DGH hat eine Anwendung entwickelt, mit der sich Schweißverbindungen bei Rohkarossieren automatisiert prüfen und Anomalien identifizieren lassen. Für schnelle und präzise Inspektionsprozesse sorgen hierbei die Machine Vision Software MVTec HALCON und das MVTec Deep Learning Tool.

Automobilproduktion stellt hohe Anforderungen an Qualitätsinspektion
In der Automobilproduktion gelten hohe Qualitätsstandards. Dies betrifft insbesondere auch Schweißprozesse an der Rohkarosserie (Body in White). Die Herausforderung dabei besteht darin, dass viele verschiedene Defekte auftreten können. So müssen beispielsweise Risse, unvollständige Schweißnähte und unregelmäßige Schweißmuster präzise identifiziert werden. Genau diese Herausforderung hat die DGH Group adressiert, ein Spezialist für Automatisierung, der seinen Hauptsitz im spanischen Valladolid hat und kürzlich in die GROUPE ADF integriert wurde. Im Auftrag eines großen französischen Automobilkonzerns entwickelte das Experten-Team der DGH Group eine automatisierte Anlage zur Inspektion von Schweißverbindungen durch das Metall-Inertgas-Schweißen (MIG-Schweißen).
Automatisierung der Qualitätsinspektion mithilfe von Machine Vision
Das primäre Ziel bei der Umsetzung war es, einen sehr hohen Qualitätsstandard aller Schweißnähte zu erreichen. Daneben sollten durch die autonome Qualitätsinspektion die grundsätzlichen Vorteile der Automatisierung zum Tragen kommen. Nämlich eine höhere Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit, Genauigkeit sowie klare Konsistenz bei der Prüfung. Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet die Anlage wie folgt: Erreicht eine Karosserie die Prüfstation, löst die SPS verschiedene Kontrollvorgänge aus. Dabei nehmen 2D-Kameras einzeln oder nacheinander Fotos von den Schweißverbindungen auf und übertragen diese per GigE-Vision-Protokoll an die Machine Vision Software, wo diese verarbeitet werden. Geprüft wird, ob Anomalien rund um die Schweißnähte zu erkennen sind. Die Anlage kontrolliert verlässlich unterschiedliche Schweißfugen, -nähte und -punkte, die in diversen Schweißverfahren entstanden sind. Im Anschluss werden die Daten an die SPS gesendet und die entsprechenden Ergebnisse auf einem Bildschirm visualisiert.
Deep Learning ermöglicht herausragende Erkennungsraten
Das Herzstück des Setups bildet die Machine Vision Software MVTec HALCON. Um sämtliche Defekte verlässlich zu erkennen, nutzt die Software im Wesentlichen zwei Methoden, die auf der KI-Technologie Deep Learning basieren. Zunächst lokalisiert Instance Segmentation auf den aufgenommenen Bildern präzise die relevante Stelle, also die Schweißnaht. Die Methode ist dank Deep Learning in der Lage, Objekte pixelgenau verschiedenen, eintrainierten Klassen zuzuordnen. Im nächsten Schritt kommt die Technologie Anomaly Detection zum Einsatz, die ebenfalls auf Deep Learning beruht. Das Verfahren erkennt mittels automatisierter Oberflächeninspektion zielsicher sämtliche Abweichungen, also Defekte jeglicher Art. „Anomaly Detection entfaltete für uns zwei entscheidende Vorteile: Während wir auf der einen Seite von sehr hohen und robusten Erkennungsraten profitieren, gestaltet sich darüber hinaus das Training der zugrundeliegenden neuronalen Netze sehr einfach. Denn es werden hauptsächlich „Gut-Bilder“, also Aufnahmen von Schweißverbindungen ohne Defekte, für das Training der Deep-Learning-Netze benötigt. Dennoch können einige wenige „Schlecht-Bilder“ helfen, den optimalen Schwellenwert zur Unterscheidung zwischen Bildern von guten und defekten Schweißnähten zu finden. So ist nur eine geringe Anzahl von Bildern erforderlich. Das kommt uns sehr entgegen, da sich Gut-Bilder schnell und einfach erzeugen lassen, während Bilder von Defekten deutlich schwerer zu beschaffen sind. Hier überzeugt Deep Learning mit einem klaren Vorteil“, erklärt Guillermo Martín, Innovation & Technology Director bei DGH.

Deep Learning Tool ebnet Weg für einfaches Labeln und Training
Bevor die neuronalen Netze mithilfe von Deep Learning trainiert werden können, müssen die hierfür verwendeten Bilder zunächst gelabelt werden. Für diese Aufgabe nutzte DGH das kostenlose Deep Learning Tool von MVTec. Damit lassen sich Bilddaten einfach labeln und anschließend komfortabel trainieren. Hierzu hat DGH zunächst Bilder von Schweißnähten zusammengetragen und dabei auch das Wissen der Mitarbeiter mit einbezogen. Diese prüften jedes Bild und stellten sicher, dass hauptsächlich Gut-Bilder für das Training genutzt werden. Im Anschluss werden die Bilder in das Deep Learning Tool geladen und dort speziell für die Technologie Instance Segmentation gelabelt. Dank des Werkzeugs Smart Label Tool muss der Anwender nur mit der Computer-Maus in den Bereich der Schweißverbindung klicken und das Tool umrahmt automatisch dieses Segment. Dies stellt sicher, dass das Deep Learning Tool ausschließlich auf Basis der relevanten Bereiche des Bildes trainiert. Nach dem Labeling wird der Bilddatensatz, in der Regel im Verhältnis 50 Prozent für das Training, 25 Prozent für die Validierung und 25 Prozent für das Testen, unterteilt. Abschließend wird das trainierte Modell gespeichert und durch die nahtlose Verbindung des Deep Learning Tools zu HALCON in die Machine Vision Software geladen.
Mit Machine Vision und künstlicher Intelligenz die Automatisierung vorantreiben
„Wir arbeiten seit über zehn Jahren erfolgreich mit MVTec zusammen und wissen daher um die leistungsstarken Tools und Algorithmen. Deswegen haben wir uns entschieden, auch bei diesem Projekt MVTec HALCON zu vertrauen“, verrät Guillermo Martín. Dabei meistert die Machine Vision Software eine weitere Herausforderung und liefert robuste Erkennungsraten trotz reflektierender Metalloberflächen und schwankender Lichtverhältnisse. „Anfang 2024 wurde die erste Anlage im Werk des Automobilherstellers in Betrieb genommen. Nachdem diese erfolgreich lief, haben wir im April 2024 vom selben Hersteller eine neue Anfrage zur Umsetzung einer zweiten Anlage zur Inspektion von Schweißverbindungen erhalten“, freut sich Guillermo Martín. So hat die DGH Group alle ihre Ziele erreicht und konnte insbesondere die Abhängigkeit von Fachkräften für Qualitätsprüfungsprozesse verringen sowie den Grad der Automatisierung entscheidend steigern. Dank Machine Vision und künstlicher Intelligenz ließen sich nachweislich Defekte minimieren und alle Arten von Schweißfehlern konsistent und zuverlässig erkennen.