Schaltertechnologie – Sensata

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Eine GigE-Kamera, ein Spezialofen und Bildverarbeitungsalgorithmen prüfen den Snap-Punkt von Bimetallplättchen.

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Haartrockner verbrauchen bis zu 1875 W Energie bei der Erzeugung eines bis zu 60 °C heißen Luftstroms, oder eben der maximalen Temperatur, die ein normaler menschlicher Haarschopf aushalten kann, ohne zu brennen. Das ist eine ganze Menge elektrischer Energie, die eine ganze Menge Hitze erzeugt. Ein Bimetallplättchen mit ca. 5 × 10 mm bildet das Kernstück eines Hitzeschutzschalters, der den Stromkreis unterbricht, wenn die innere Temperatur einen sicheren Pegel überschreitet.

Sensata Technologies stellt Bimetallplättchen und Hitzeschutzschalter für eine Vielzahl an Produkten wie Kaffeemaschinen und Elektromotoren her. Beim Erhitzen eines Bimetallplättchens dehnen sich die beiden Metallschichten mit unterschiedlicher Längendehnung aus. Bei ausreichender Durchbiegung unterbricht das Plättchen die Verbindung zur benachbarten Elektrode und der Stromkreis ist deaktiviert. Nachdem die Vorrichtung wieder ausreichend heruntergekühlt ist, kehrt das Plättchen in seine Ausgangsform zurück und der Stromkreis fließt wieder.

Bis vor Kurzem verwendete Sensata entweder Ölbäder oder Heizöfen mit Wärmebildgebungssystemen zur Erwärmung der Plättchen und für die Messung des Snap-Punkts, d. h. der Temperatur, bei der das Plättchen eine relativ schnelle und harte Bewegung macht. Heutzutage ist aufgrund von Umweltschutzfragen und stetig steigenden Ölpreisen der Einsatz von Ölbädern als Hitze-/Testmedium nicht mehr sehr gefragt. Zudem müssen die hochreflektierenden Bimetallplättchen vor der Thermobildgebung beschichtet werden, um genaue Messwerte zu liefern.

Abb. 2: Jedes Plättchen wird vorübergehend auf einen Streifen aufgeschweißt und 32 Streifen werden in eine spezielle Haltevorrichtung geladen, die dann in das Lufterhitzungssystem eingebracht wird, wo der Test ausgeführt wird.

Um die in diesem Zusammenhang auftretenden Probleme in den Griff zu bekommen, wandte sich Sensata an TCPM, den Experten für industrielle Bildverarbeitung. Benötigt wurde ein System mit traditionellen Sensoren, die sichtbares Licht bereitstellen, Spezialöfen und einem Standard-PC mit Visual Basic Front-End und Bildverarbeitungsalgorithmen der MVTec Software HALCON, um bis zu 1024 Bimetallplättchen pro Stunde noch präziser und noch schneller als mit früheren Prüfmethoden testen zu können.

Bimetallplättchen werden durch die Verbindung von zwei unterschiedlichen Metallplatten erzeugt und dann aus der Platte herausgestanzt. Einzelne Plättchen werden zu einem Slug, einer Elektrode im Hitzeschutzschalter, zusammengeschweißt. Wenn das Plättchen und der Slug im Gehäuse eines Hitzeschutzschalters eingebaut werden, dann liegt das Bimetallplättchen an der anderen Elektrode an. Es entsteht ein Kontakt. Wenn die Umgebungstemperatur steigt, fängt das Bimetallplättchen an sich auszudehnen, wobei sich ein Metallplättchen schneller ausdehnt als das andere. Wenn die Temperatur sprunghaft ansteigt, biegt sich das Bimetallplättchen nach einer Seite hin. Diese Bewegung wird Creep genannt.

Wenn das Plättchen eine bestimmte Temperatur erreicht, die von der stofflichen Zusammensetzung der Metallplättchen, sowie von Größe und Form des Plättchens abhängt, macht das Plättchen einen Snap, eine relative schnelle und harte Biegebewegung, durch die das Plättchen den Kontakt zur Elektrode verliert und so den Stromkreis unterbricht. Nach erneutem Absinken der Temperatur, schrumpft das Plättchen wieder auf seine Ausgangsgröße und -form zurück, berührt wieder den Kontakt und der Stromkreis wird geschlossen.

Sensata beauftragte TCPM mit der Entwicklung eines Visionssystems zur Erfassung der Snap-Bewegung, der Temperatur im Moment des Snaps für das jeweilige Plättchen und der Messung dieses Werts für Qualitätssicherungsprüfungen. Voraussetzung für Sensata und TCPM war der Wunsch, zusätzliche Arbeitsschritte bei diesem Prüfsystem unnötig zu machen, wie z. B. das Entfernen von Ölrückständen aus den Ölbädern oder das Aufbringen von nichtreflektierenden Beschichtungen für die Thermobildgebung.

"Wir benötigten auch eine relativ genaue Messung der Snap-Temperatur,” erklärt Ben Slatius, Ingenieur bei Sensata. “Bimetallplättchen sind sehr schnell reagierende Vorrichtungen. Wenn man also die Temperatur langsam erhöht, erhält man sehr genaue Messwerte. Natürlich braucht man in einer Produktionsstraße schnelle Ergebnisse, so geht es hauptsächlich darum, einen Kompromiss zwischen Genauigkeit und Geschwindigkeit zu erzielen. Um eine Temperaturmessgenauigkeit von 0,3 °C zu erreichen, brauchen wir eine Temperaturzykluszeit von ungefähr einer Stunde.“

Abb.3: In einem langen schwarzen Rack oben auf dem Prüfsystem für die Bimetal

Was versteht man unter einem Creep?

Um bei einem einstündigen Testzyklus einen ausreichenden Durchsatz zu erhalten, gruppiert Sensata vorübergehend 32 Teststreifen in einen Array mit 1024 Bimetallplättchen. Anschließend wird der Array in einen von TCPM entwickelten Ofen geladen, wo der Array erhitzt wird.

Der Ofen ist ein Metallgehäuse mit Glasscheiben als Dach sowie zwei Seiten und Lüftungsöffnungen an den anderen beiden Seiten für das Entweichen der erhitzten Luft aus dem Gehäuse. Hochfrequente Hochleistungs-Neonlampen leuchten durch die Glaswände des Gehäuses und beleuchten die Arrays von allen Seiten und reduzieren so die Schattenbildung. Anfänglich, verwendete TCPM rote LEDs mit einem Rotlichtfilter oberhalb der Kamera, um den Kontrast zu verbessern, doch die Scheiben im Dach des Ofens ließen nicht genügend Licht für eine ausreichende Bilderfassung passieren. Eine Metallhalterung am Boden des Ofens nimmt den Array mit den Bimetallplättchen auf.

Oberhalb des Ofens befindet sich das Kameragehäuse. Eine 1600 × 1200-Pixel Prosilica CCD-Kamera mit Gigabit Ethernet-Output ist oben auf dem Gehäuse angebracht. TCPM verwendet eine Standardoptik und einen größeren Abstand, um die optische Verzerrung der Bimetallplättchen zu verringern, wodurch gleichzeitig Kosten eingespart werden können.

"Man muss die Kamera ziemlich hoch in der Versuchsanordnung anbringen, um ein ausreichendes Sichtfeld zu bekommen," so Slatius von TCPM. “Wenn man zu nahe rangeht, erhält man verzerrte Bilder der Plättchen an den Rändern. Wir verwenden ein Standardobjektiv Typ C-Mount 35 mm. Die Prosilica GigE-Kamera ermöglicht uns die Durchführung des ganzen Verfahrens mit dem PC. Daher benötigten wir eine hohe Bandbreite, und nicht alle PCs verfügen über FireWire-Ports."

Abb. 4: In der Bimetallplättchen-Prüfvorrichtung verbindet der Beckhoff BK1120 EtherCAT Buskoppler Heizung, Ventilator, Lampen und Thermometer mit dem PC.

Es wird heißer

Nachdem der Array in den Ofen geladen wurde, startet der Werker das System über eine Bedienoberfläche und ein Überwachungsprogramm in Microsoft Visual Basic (VB), das auf einem Standard-Desktop-PC mit Windows XP läuft. Das VB-Shellprogramm sendet via Ethernet I/O ein Signal an einen erweiterbaren Beckhoff EtherCAT BK1120 Buskoppler. Der BK1120 fungiert als Schalter für die Ansteuerung der nichtbildgebenden Peripheriegeräte, einschließlich der Heizvorrichtung unterhalb des Ofens, des Ventilators, der die heiße Luft durch den Testofen bewegt, der beiden hochfrequenten Hochleistungs-Neonlampen und der sechs Pt100 Platin-Widerstandsthermometer.

"Die Thermometer liefern Temperaturwerte aus verschiedenen Ofenbereichen, um präzisere Messungen zu ermöglichen. Ebenso versorgen sie einen separaten Sicherheitskreis, der mit dem EtherCAT-Bus verbunden ist mit Informationen. Dieser Sicherheitskreis gewährleistet, dass die Temperatur den Maximalwert von 200°C nicht überschreitet," erklärt Slatius weiter. "Die Temperaturwerte werden zudem über den Beckhoff Buskoppler an den PC übermittelt, um die Temperaturwerte bei denen die Bimetallplättchen "snappen" zu erfassen.

"Während die Temperatur im Ofen stufenweise ansteigt, macht die Prosilica-Kamera 5 Einzelbilder pro Sekunde. "Die Kamera kann bis zu 15 Einzelbilder pro Sekunde erfassen, macht aber nur 5 und würde wahrscheinlich auch mit nur 2 Bildern pro Sekunde auskommen,“ so Slatius weiter. Jedes Bild wird über ein Cat-5-Kabel an den PC übertragen. Hier übernehmen HALCON-Algorithmen, filtern zuerst das Bild und lokalisieren dann die Bimetallplättchen. “Zuerst filtern wir das Bild, um Störungen und Reflexionen der Sicherheitsscheiben zu entfernen.  Manchmal erhalten wir auch Reflexionen vom Grundmetall der Teststreifen; da wir die Abstände zwischen den Plättchen kennen, sind wir in der Lage, diese Reflexionen herauszufiltern und uns voll auf die Plättchen zu konzentrieren,“ erklärt Slatius.

“Nach dem Filtervorgang bestimmen wir durch einen Blob-Algorithmus die Position jedes Bimetallplättchens und erfassen die Bewegung der einzelnen Plättchen von Bild zu Bild. Wenn die prozentuale Änderung einen bestimmten Wert übersteigt, dann ist der Snap aufgetreten. Das System speichert dann den Temperaturwert des nächstliegenden PRT Sensors, sowie die Nummer der Plättchenposition in der Versuchsanordnung. Das System speichert diese Werte in einer Textdatei, die in eine Exceltabelle importiert werden kann, wo die Produktionsmitarbeiter sie noch einmal kontrollieren können. “Wir betrachten auch die durchschnittliche Snap-Temperatur je Los und können auf diese Weise Änderungen beim Ausstanzen und beim Schweißprozess der Bimetallplättchen nachverfolgen. Durch Überwachung des Sigma-Werts kann der Werkzeugverschleiß und das Qualitätsniveau der Produktionslinie nachverfolgt werden,” so Slatius. Bei zukünftigen Weiterentwicklungen des Systems wird laut Slatius auch ein Hitzemodell des Ofens zur Bestimmung der Schalttemperatur zum Einsatz kommen, welches genauere Messergebnisse liefern kann und dadurch kürzere Taktzeiten, schnelleres Feedback und verbesserte Produktionsleistungen ermöglicht.

Verfasser: Winn Hardin

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